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Inspirationen aus dem Büro der jungen Dichter

Neue Westfälische, 15.02.2004
Von Rolf Birkholz

Auf bedruckten Blättern, im prall gefüllten Notizbuch oder, klassisch leger, auf einem Zettel, der am Pult aus der Jackentasche gefingert wird – so trugen junge Leute, Schülerinnen und Schüler zumeist, ihre Texte ins Büro für Alleskönnerei. Von Leiter Oliver Demand für eine öffentliche Vorlese-Party zur Verfügung gestellt, war es einen Abend lang Büro der jungen Dichter.

In dem ehemaligen Ladenlokal an der Schulstraße, wo sonst junge Kunst zu sehen ist, wurde nun frisch Geschriebenes präsentiert. Schon das am Schiller-Jahr 2005 orientierte Motto der von den drei ESG-Schülern Jochen Stodieck, Kai Uwe Oesterhelweg und Martin Foerster organisierten Veranstaltung, „Sturm & Drang in den Frühling“, verströmte Jugendfrische.

Martin Foerster fragte, ob nicht alte Begriffe mit neuem Leben zu füllen seien. „Stürmt in die Zukunft!“, rief er angesichts der bevorstehenden Lösung von Schule (Abitur) und Elternhaus (Studium etc.) aus. Später stellte der 19-Jährige unter anderem Variationen zu Strophen aus Schillers Ode „An die Freude“ und durch einen Südamerika-Aufenthalt inspirierte Gedichte vor.

Das Gedicht war an diesem Abend die am häufigsten zu hörende Textform. Es kam gereimt, reimlos, heiter oder ernst gestimmt daher. Die etwa 30 Zuhörer nahmen die Beiträge aufmerksam auf. „Einsam“, „Augenblicke“ oder auch „Ich habe einen Dichter erschossen“ lauteten die Titel. Kai Uwe Oesterhelweg las eben erst verfasste Zeilen vor, „Beschleunigung der Gefühle“. Im Büro darf schnell geschrieben werden.

Es gab auch ein Kürzest-Theaterstück mit Ich, Es und Über-Ich als tragenden Rollen sowie einen von Jochen Stodieck mitverfassten szenischen Dialog zu Musik. Auffallend auch die Prosa-Skizzen „Auf der Suche nach dem Frühling“ von Kim Busch. Hier werden trist-banale Alltagssituationen in einer mittelprächtigen, Gütersloh nicht unähnlichen Stadt geschildert; die ersten Frühjahrszeichen der Natur scheinen zu einer anderen Welt zu gehören.

Zu einer anderen Welt als der Schüler zählt gemeinhin der Lehrer. Aber im Büro der Poeten trafen sie sich. Auch Hendrik Haverkamp, junger Deutsch-Lehrer am ESG, trug vor. Keineswegs belehrend, wenn auch nicht ohne Seitenblicke, bot er Reimwerk der humorvoll-lebensklugen Sorte: „Schreib doch mal was Leichtes / Dialektik produziert nur Falten“.

Überhaupt scheint der Unterricht die Amateur-Literaten zu beflügeln. Wo von älteren Semestern zu vernehmen ist, ihnen sei einst vor lauter Lyrik-Analyse die Lust daran vergangen, hieß es nun von Schülerseite, dass man, ohne dass das Handwerkszeug der Interpretation vernachlässigt würde, gar zu eigenem Schreiben ermuntert werde. „Wenn man da nicht hingeführt wird, kommt nichts.“ So aber kam einiges. Mehr davon.